
Die Wiener Zeitungen konnten im Frühjahr 1830 eine ganz besondere Sehenswürdigkeit ankündigen: Ein riesiges Rundgemälde mit einer Ansicht der Stadt Salzburg und deren Umgebung. Untergebracht war das rund 5 Meter hohe und 26 Meter lange Panoramabild in einem speziell angefertigten Gebäude, einer hölzernen Rotunde, die nahe dem Stadtzentrum – auf der (nicht mehr bestehenden) Biberbastei – errichtet worden war. Den Besucherinnen und Besuchern, die das Gemälde von einem Podest in der Mitte der Rotunde aus betrachten konnten, bot sich ein Rundblick, dessen realistische Wirkung durch entsprechende Beleuchtung noch verstärkt wurde. Das Salzburg-Panorama, das zwischen 1829 und 1839 in zahlreichen Städten Europas ausgestellt war (so etwa in Prag, Berlin, Hamburg, Kopenhagen, Oslo, Amsterdam und Paris) ist, als eines der wenigen Kunstwerke dieser Art, bis heute erhalten geblieben. Besichtigt werden kann es im Panorama-Museum am Salzburger Residenzplatz.

Geschaffen wurde das immer noch überaus faszinierende Rundbild vom Maler Johann Michael Sattler. Geboren 1786 im niederösterreichischen Herzogenburg studierte Sattler an der Wiener Kunstakademie und lebte ab 1819 in Salzburg. Er war zunächst als Porträtmaler tätig, und als 1821 der österreichische Kaiser Franz I. Salzburg besuchte, erhielt Sattler den Auftrag, ein Bildnis des Monarchen zu schaffen. Während einer Porträt-Sitzung soll der Kaiser den Wunsch geäußert haben, „Salzburg mit seiner romantischen Umgebung als Panorama dargestellt zu sehen“. Ob die Anregung zum Panoramabild tatsächlich von Franz I. kam, ist nicht eindeutig zu klären. Auf jeden Fall „geruhte“ die Majestät, als das Rundbild in Wien gezeigt wurde, „allerhöchst ihr Wohlgefallen und die Zufriedenheit hierüber in den huldvollsten Ausdrücken zu bezeigen“ (Wiener Zeitung, 27.4.1830).

Das Panorama, bei dessen Fertigung Johann Michael Sattler von den beiden Malern Friedrich Loos und Johann Joseph Schindler unterstützt wurde, zeigt die Stadt Salzburg so, wie sie in den späten 1820er Jahren ausgesehen hat – und zwar gesehen von der Festung Hohensalzburg, an einem sonnigen Herbsttag um, wie die dargestellten Turm- und Sonnenuhren zeigen, vier Uhr nachmittags. Bemerkenswert ist die große topografische Präzision, die bis in Details geht: So etwa sind die Fensterachsen, Kamine und Dachformen der Gebäude mit einer fast fotografisch anmutenden Realitätstreue wiedergegeben. Bevölkert ist das Rundbild von zahlreichen Personen. Zu entdecken sind unter anderen auf den Feldern und Wiesen außerhalb der Stadt arbeitende Bauern, Reisende in einer Pferdekutsche, spielende Kinder, wäschewaschende Frauen, exerzierende Soldaten und eine Prozession.

Rundbilder mit perspektivischen Darstellungen von Landschaften, aber auch von historischen Ereignissen (vor allem Schlachtenszenen) waren europaweit populäre Attraktionen. Sie zogen, so schreibt der Kunsthistoriker Nikolaus Schaffer „als wahre Pilgerstätten der Schaulust das Publikum quer durch alle Bevölkerungsschichten an. (…) Die erste Hochkonjunktur der Panoramen, die zwischen 1800 und 1830 anzusetzen ist, fiel noch in eine Zeit, in der bildliche Informationsquellen jeglicher Art Seltenheitswert hatten, außerhalb der Reichweite zumindest der einfachen Bevölkerung lagen. Auch die Reproduktionstechniken waren noch so unterentwickelt, dass selbst ihre schlichtesten Erzeugnisse zu den Luxusgütern gehörten. Diese Bilderarmut macht es begreiflich, dass die Panoramen eine derartige Anziehungskraft entwickeln konnten“ (Zitat aus dem Buch: „Das Salzburg-Panorama von Johann Michael Sattler“, s.u.).

Die Panoramen gelten als frühe Art von Massenmedien. Bevor sie durch Fotos und Filme eine übermächtige Konkurrenz erhielten, lieferten sie eindrucksvolle Informationen über das Aussehen der Welt. Von den vielen Rundbildern, die im 19. Jahrhundert entstanden sind, haben sich jedoch nur wenige bis heute erhalten. Denn die öffentliche Zurschaustellung, meist verbunden mit langwierigen Transporten, stellte eine hohe Beanspruchung für die Bilder dar. Nur selten wurden die Panoramen restauriert, sondern, wenn sie verschlissen und auch die Ansichten nicht mehr aktuell waren, entsorgt. Johann Michael Sattler, der nach seiner zehnjährigen Panorama-Tournee quer durch Europa für eine entsprechende Instandsetzung seines Salzburg-Rundbildes sorgte, bildete da eine Ausnahme. Über eine Schenkung durch seinen Sohn Hubert Sattler kam das Werk 1870 in den Besitz der Stadt Salzburg. Bis 1937 war es in einer eigens dafür angefertigten Holzrotunde im Mirabellgarten ausgestellt, und dann – nach vierzig Jahren im Depot – von 1977 bis 2001 im ehemaligen Café Winkler auf dem Mönchsberg. Der nunmehrige Standort, an den das Panorama nach einer umfassenden Restaurierung 2005 übersiedelte, befindet sich in der früheren Schalterhalle der Post am Residenzplatz.
Das Salzburg-Panorama kann im Panorama Museum, Residenzplatz 9, besichtigt werden.
Viele Informationen zum Salzburg-Panorama, zu dessen Entstehungs- und Wirkungsgeschichte, sowie generell zu kulturhistorischen Aspekten der Panoramen liefert der reich bebilderte Band „Das Salzburg-Panorama von Johann Michael Sattler. Das Werk und sein Schöpfer“, herausgegeben von Erich Marx und Peter Laub, Salzburg 2005. Das Buch ist in der Schriftenreihe des Salzburg Museums erschienen.
22.2.2017