KALENDER 2024

Weil nun schon die letzten Blätter der Kalender dieses Jahres zu sehen sind, ist es Zeit, Neugier zu wecken, Neugier auf all das, was nächstes Jahr zu sehen und zu lesen sein wird. Was bieten die Kalender, die uns nun schon viele Jahre hindurch begleiten an Neuem, und was haben jene zu zeigen, die wir bis jetzt nicht wahrgenommen haben?

Den Beginn macht die Küche. Dort hängt jedes Jahr der „Literarische Küchenkalender“ der edition momente, stets zusammengestellt von Sybil Gräfin Schönfeldt. Die im Vorjahr verstorbene Publizistin konnte auch noch den aktuellen Kalender gestalten, für den sie wieder aus der Weltliteratur all das zusammentrug, was ein Rezept – oder zumindest die Andeutung eines solchen – sein könnte. Nachkochen lassen sich da zum Beispiel der Zitronenauflauf von Karin Michaëlis oder die Zwetschgenwähe von Franz Hohler. Marcel Proust kommt vor, aber nicht mit seinen Madeleines, sondern mit einem Kalbsbraten, Goethe schreibt bescheiden über das „Zugemüse“ und Karen Duve weiß, dass Sisi, also Kaiserin Elisabeth, nach einem Abendessen mit Brathuhn und Champagner zum Frühstück nur Honigmilch mit Mandeln zu sich nahm. Max Bartholl umspielt das alles optisch passend mit Gemälden oder kleinen Gemüse- und Obstvignetten.


Den „mare Kulturkalender“ stellt ein kleines Team zusammen, gilt es doch stets, Malerei, Literatur und aktuelle Ereignisse zum Thema Meer festzuhalten. Jedes Blatt der 52 Wochen des kommenden Jahres zeigt ein entsprechendes Foto, eine Grafik, eine Illustration oder ein Gemälde, dazu gibt es jeweils meeraffine literarische Zitate und Verweise auf historische Ereignisse, die auch mit dem Meer – oder zumindest mit dem Wasser – zu tun haben.

Reine lyrische Freude spenden die „Fliegenden Wörter“ aus dem Daedalus Verlag, die im Laufe der Jahre zu meinem Lieblingskalender wurden. 2024 ist noch dazu der 30. Jahrgang dieses Postkartenkalenders. „53 Qualitätsgedichte zum Verschreiben und Verbleiben für Zeitreisende, Sprachspieler, Kenner und Genießer“ kündigen die Herausgeberinnen Alida Bremer, Andrea Grewe und Ulla Hahn an. Es ist die Mischung aus Bekanntem, Neuem, leicht Zugänglichem und Sprödem, das diese „Fliegenden Wörter“ ausmacht. Und dazu kommt dann noch die ganz spezielle grafische Gestaltung. So ist mein Lieblingsgedicht – „Das Rosenband“ von Friedrich G. Klopstock – auf rosigem Untergrund, umwunden von einem geflochtenen Kranz, zu sehen. Das passt – entsprechend der Schlusszeile des Gedichts: „…und um uns ward‘s Elysium.“


Damit ist der literarische Übergang geschafft. Der Literatur Kalender des Aufbau Verlags erscheint 2024 zum 57. Mal. Thomas Böhm und Catrin Polojachtov stellten mit einem Mitarbeiter-Team wieder einmal Bilder und Texte zusammen, die in der jeweiligen Woche aktuell sind. So geht es natürlich in der 23. Woche um Franz Kafka, um den man 2024, zu seinem 100.Todestag, ohnehin nicht herumkommen wird. Dann ist in der 51. Woche Friederike Mayröcker inmitten ihrer Zettelgebirge zu sehen, Anlass dafür ist ihr 100. Geburtstag am 20. Dezember. In der Woche darauf kommt Robert L. May, der zumindest im deutschen Sprachraum kaum bekannte Textdichter von „Rudolph, The Red-Nosed Reindeer“ zu späten Ehren.

Der Übergang zum nächsten Kalender ist hart, aber heiter. Denn im Mittelpunkt steht einer, der für alle Lebenslagen einen guten Rat bereit hat – nämlich der Anti-Held Wondrak, der Star der ebenso populären wie legendären Kolumne des Autors und Illustrators Janosch. Etliche Jahre erfreuten Wondraks Anleitungen zu allen großen und kleinen Herausforderungen des täglichen Lebens die Leserschaft des ZEIT-Magazins, nun gibt es sie Woche für Woche in Form eines (mit dem Kalenderpreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichneten) Postkartenkalenders aus dem Reclam Verlag.


Und jetzt kommt endlich ein Kalender, an dem auch Kinder ihre Freude haben können: „Alle Welt 2024“, der DuMont Landkartenkalender. Ausgangspunkt ist ein vom polnischen Grafik-Duo Aleksandra Mizielinska und Daniel Mizielinski gestaltetes Bilderbuch. Die 12 Landkarten zeigen Erdteile und große Länder und jeweils dazu passend eine Vielzahl von kleinen Bildern und Illustrationen: Tiere, Pflanzen, bedeutende Gebäude, Kunstschätze und andere Besonderheiten von der Arktis bis Australien.


Nun noch zwei Kalender-Büchlein: „Berühmte Frauen“, von Luise F. Pusch bei Reclam herausgegeben, ist ein Dauergast in jeder Kalender-Präsentation. Allmonatlich gibt es die ausführliche Biografie einer berühmten Frau, diesmal von Aljona Savchenko, der ukrainischen Goldmedaillengewinnerin im Eiskunstlauf, über die französische Philosophin Elisabeth Badinter und die italienische Schriftstellerin Francesca Melandri bis zur amerikanischen Autorin und Kulturkritikerin Susan Sontag, deren Foto auf dem Cover des Kalenders abgebildet ist. Im Wochenkalendarium werden außerdem biografische Daten von zahlreichen weiteren anderen berühmten Frauen angezeigt – und es bleibt genügend Platz für Notizen.


Abschließend: „Glück“. Ein immerwährender Kalender aus dem Dörlemann Verlag mit genügend Raum, um jeweils Glücksmomente der Woche einzutragen. Es ist ein literarischer Kalender: Goethe leitet ein und ein wunderschönes Zitat des Pfarrers und Schriftstellers Kurt Marti beendet dieses Glücks-Buch: „Glück-Wünsche. Dass du dir glückst. Dass dir das Glück anderer glücke.“ Sabine Dörlemann, die Verlegerin, hat diese Glücks-Momente auf die 52 Wochen verteilt, darunter Glückliches wie: Glück zu finden, sei harte Arbeit, eine Gnade sei es, vom Glück gefunden zu werden.

9.12.2023

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