NIKOLAI KAPUSTIN: JAZZ IN KLASSISCHEM OUTFIT

Foto: Raysonho, Wikimedia cc Creative Commons
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„Die Form eines klassischen Konzerts wird ausgefüllt von purem Jazz“ – so charakterisiert Frank Dupree das Schaffen von Nikolai Kapustin (1937–2020). Und dass ihn die „vor Blue-Notes nur so sprühende Musik“ des russischen Komponisten begeistere, das beweist der deutsche Pianist mit einer CD. Gemeinsam mit dem Württembergischen Kammerorchester Heilbronn interpretiert er das „Konzert für Klavier und Orchester Nr. 4“ und das „Konzert für Violine, Klavier und Streichorchester“, bei dem Rosanne Philippens als Violinsolistin zu hören ist. Das dritte Werk auf der CD ist Kapustins Kammersinfonie, bei der nicht, wie bei den beiden anderen Kompositionen, Case Scaglione sondern Frank Dupree als Dirigent fungiert.

Die Kritiken sind durchwegs überaus positiv. So etwa bezeichnet die New York Times (25.8.2021) die Aufnahme des Klavierkonzerts als „one of the most entertaining, put-it-on-repeat recordings“ dieses Jahres. Und, so fügt der Kritiker Seth Colter Walls hinzu, „it’s complex and bravely exuberant music that is also highly accessible“.

CD-Cover

Nikolai Kapustin, geboren in Horliwka in der Ukraine, war bereits während seines klassischen Klavierstudiums am Moskauer Konservatorium nebenbei auch als Jazz-Pianist tätig. Von 1961 bis 1972 gehörte er als Pianist und Komponist dem Orchester von Oleg Lundstrem an, das als erste echte Jazz Big-Band der Sowjetunion gilt. „Selbst wenn wir sowjetische Lieder spielten, war die Orchesterbegleitung im Stil von Count Basie gehalten“, soll Kapustin dazu einmal vermerkt haben. In der Folge war er Mitglied einer weiteren Big-Band und von 1977 bis 1984 Pianist im „Staatlichen Russischen Filmsymphonieorchester“. Danach arbeitete er freischaffend und widmete sich intensiv dem Komponieren. Kapustin hinterließ ein umfangreiches Œuvre, zu dem Christian Heindl im Begleitheft zur CD vermerkt: „Stilistisch stehen die meisten seiner Werke im Umfeld des Jazz und verarbeiten dessen Elemente gekonnt mit den Mitteln der klassischen Musiktradition von Bach bis Prokofjew und Strawinsky.“

Noch gilt Nikolai Kapustins Werk als ein Art Geheimtipp – erfreulicherweise aber wird es derzeit von der internationalen Musikwelt zunehmend „entdeckt“. Gelungene Interpretationen, wie jene durch Frank Dupree, tragen dazu wesentlich bei.

Nikolai Kapustin: Klavierkonzert Nr.4 op.56; Konzert für Violine, Klavier & Streichorchester op. 105; Kammersymphonie op. 57. Capriccio C5437.

1.10.2021

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