Es ist eine Bilderwelt, in der wir leben, eine Welt, in der wir von Bildern überflutet werden. Und so sollten wenigstens die Wände in der Wohnung Orte für Bilder sein, die wir uns selbst aussuchen. Kalender liefern diese Bilder Jahr für Jahr, und die Verlage bemühen sich, immer neue, andere Bilder-Welten zu öffnen. Hier eine kleine, sehr persönliche Auswahl, die am Meer beginnt, mit Künstlerinnen fortsetzt, dann sich ein wenig im Fernweh suhlt, um mit faszinierenden Schautafeln zu enden. Als Anhang werden noch einmal berühmte Frauen in Buchform und Weltliteratur und kleine Weisheiten als Abreißkalender angeboten.

Es ist ein bewährtes Team rund um Nikolaus Gelpke und Anna Boucsein, das alljährlich im „mare KULTURKALENDER“ rund ums Meer assoziiert. Gemälde, Zeichnungen und Fotografien bilden den Blickfang, der mit kurzen Texten literarisch unterstützt wird. In der Mitte des Jahres ist da zu lesen, wie Joachim Ringelnatz sein Gedicht über Segelschiffe beginnt: „Sie haben das mächtige Meer unterm Bauch…“. Dann gibt es noch Daten aus der Geschichte, die immer irgendwie mit dem Meer zusammenhängen, seien das Jungfernfahrten berühmter Schiffe oder Entdeckungen. Ein endloser Schatz an Kunst und Kultur, den der Geruch des Salzwassers umweht, und das Woche für Woche.

Susanne Nadolny ist seit über 25 Jahren bei ebersbach & simon als Buchautorin, Herausgeberin von Anthologien und Sammelbändern und auch als Kalenderredakteurin tätig. Auf ihrer literarischen Spurensuche hat sie in „Literarische Ostsee“ Ostseeimpressionen prominenter Gäste gesammelt, in „Künstlerinnen“ Gedanken berühmter Frauen zusammengetragen. Besonderes Augenmerk soll aber auf „Der literarische Frauenkalender“ mit dem Untertitel „Frauen – einfach genial!“ gelegt werden, den sie zusammen mit Unda Hörner gestaltet hat. Es ist ein faszinierendes Stück weiblicher Kultur- und Wissenschaftsgeschichte in Text und Bild, in dem man auf prominente und auch weniger bekannte Erfinderinnen, Forscherinnen, Künstlerinnen, Dichterinnen und Denkerinnen trifft, die in für sie typischen Aussagen zu Wort kommen und in Kurzbiografien vorgestellt werden.

Das Thema wechselt, auch wenn die Bildmotive weiblich bleiben. Die goldene Zeit des Reisens behandelt „Thorbeckes Reisen Kalender“, und auf diesen historischen Werbeplakaten sind es zumeist Frauen, elegant oder/und sportlich, mit denen Aufmerksamkeit erregt wird. Für 53 Städte, Orte und Plätze wird da geworben. Kurze Texte beschreiben diese Traumdestinationen einer vergangenen Zeit recht vergnüglich.
Die Favoriten Presse setzt in ihren Kalendern auf Bildtafeln, das können in „Larousse“ Vintage-Illustrationen aus dem „französischen Brockhaus“, dem „Nouveau Larousse illustré“ sein, einer Enzyklopädie mit Sprachwörterbuch, die Pierre Larousse (1817–1875) herausgab. Ein anderer Kalender heißt „Alte Obstsorten“, hier werden Illustrationen aus den Bänden „Deutschlands Obstsorten“ von Müller/Bissmann/Poenicke verwendet. Besonders begeistert hat mich „Historische Tiertafeln“ von Oliver Goldsmith. Goldsmith lebte von 1728 bis 1774, war ein irischer Schriftsteller und Arzt, der ein achtbändiges Naturkundebuch „A History of the Earth and Animated Nature“ verfasste. Auf den einzelnen Monatstafeln sind nun Sammlungen von Tieren mit Geweih, aus der Katzenfamilie, von Fischen, Vögeln, Reptilien und viele andere mehr zu sehen.

Ein Anhang in Buchform und als Abreißkalender:
Luise F. Pusch gibt den Kalender „Berühmte Frauen“ seit vielen Jahren bei Reclam heraus, sie schreibt auch seit 1982 an einer Frauenchronik und hat in der Datenbank „FemBio“ 31.000 Datensätze berühmter Frauen zusammengetragen. Auf dem Titelbild von „Berühmte Frauen“ ist Ingeborg Bachmann zu sehen, sie wurde am 25.Juni 1926, also vor hundert Jahren, geboren. Neben der Bachmann werden noch elf andere, mehr oder weniger berühmte Frauen mit ihren Lebensläufen vorgestellt, darunter Maria Schell oder Paula Modersohn-Becker, aber auch die „feministische Vordenkerin“, die in Wien 1876 als Else Kotányi geborene Else Jerusalem. Es vergeht kaum ein Tag in diesem Kalender, an dem nicht Daten von berühmten Frauen aufscheinen.

„Weltliteratur zum Abreißen“ heißt ein Kalender, ebenfalls aus dem Reclam-Verlag. Hin und wieder kennt man eines dieser Zitate, oft kann man darüber lachen und manchmal kommt es auch vor, dass einem der tiefere Sinn des täglichen Ausspruchs vorerst einmal verborgen bleibt, dass man öfter darüber nachdenken muss. So beginnt das Jahr 2026 am 1. Jänner mit dem Zitat von Andreas Gryphius: „In dem ein Jahr vergangen / Hat eines angefangen / Den Anfang führt das End.“ Da kann man doch länger nachdenken darüber, oder?
„Kinder wissen alles“ ist der Titel eines bei Diogenes erschienenen Abreißkalenders, in dem verblüffende, lustige und manchmal auch seltsam weise Aussprüche von Kindern versammelt sind: „Ich habe dir schon mal gesagt, wenn ich nichts sage, denke ich nach“, meint etwa am 4. März der 7jährige Hanno.

mare Kulturkalender. mareverlag, Hamburg 2025.
Der literarische Frauenkalender 2026. Frauen einfach genial. Verlag ebersbach & simon, Berlin 2025.
Thorbeckes Reisen Kalender 2026. Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern 2025.
Oliver Goldsmith Wandkalender 2026. Historische Tiertafeln. Favoritenpresse, Berlin 2025.
Luise F. Pusch: Berühmte Frauen. Kalender 2026. Reclam, Ditzingen 2025.
Tag für Tag. Weltliteratur zum Abreißen 2026. Reclam, Ditzingen 2025.
Kinder wissen alles. Diogenes Verlag, Zürich 2025.
7.12.2025







