Von „Antojitos y bebidas“, also „Snacks und Getränken“, bis zu den „Postres“, den „Nachspeisen“ reicht der aus zahlreichen authentischen Rezepten bestehende kulinarische Bogen, den die Köchin und Restaurateurin Rosa Cienfuegos in ihrem Kochbuch „Mexico City“ präsentiert. So bunt und farbig der Band gestaltet ist, so überschwänglich schwärmt die Autorin in der Einführung von ihrer wunderschönen Heimatstadt. „Eingeweihte“ verwenden übrigens für die Hauptstadt Mexikos, die Ciudad de México, die Abkürzung CDMX, die sich auch auf dem Cover des Buches findet.

Rosa Cienfuegos selbst lebt mittlerweile in Sydney und führt dort zwei mexikanische Lokale. „Mexico City“ ist ihr zweites Kochbuch, aber ihr erstes ins Deutsche übersetzte. Primär wendet sie sich in ihren Büchern an die australische Community, aber in unserer Zeit der weltweiten Vernetzung gilt alles, worüber Cienfuegos schreibt, auch für Genießer*innen in Mitteleuropa. Selbstverständlich reist Cienfuegos regelmäßig in ihre Heimat, um sich immer wieder neue Anregungen zu holen, denn auch Mexiko City verändert sich kulinarisch ununterbrochen. Eines aber bleibt: man scheint in Mexiko den ganzen Tag über zu essen, die fünf Hauptmahlzeiten finden zu – für uns Mitteleuropäer – gewöhnungsbedürftigen Zeiten statt: Nach dem Frühstück gibt es gegen Mittag nur einen Imbiss, das Mittagessen findet von 14 bis 15 Uhr statt, ein Snack ist zwischen 17 und 18 Uhr fällig, um bis zum Abendessen, das erst ab 21 Uhr eingenommen wird, durchhalten zu können.
Schon die Einführung vermittelt ein Gefühl für die immense Vielfalt dessen, was und wo in CDMX so den ganzen Tag gegessen wird. Danach gibt die Autorin einen Überblick über typisch mexikanische Produkte, unter denen sich Bekanntes, wie Kakao und Mais, findet, aber auch Achiote, eine Paste aus Annattosamen (wegen ihrer strahlenden Farbe und der säuerlichen Note verwendet) oder Nopales, essbare Feigenkakteenblätter. Cienfuegos meint übrigens, dass man all diese mexikanischen Produkte in einschlägigen Läden auf der ganzen Welt bekomme oder im Internet bestellen könne. Dann widmet sie sich wortgewaltig den kulinarischen Angeboten eines mexikanischen Tages in acht Kapiteln: Vom Frühstück, über Snacks und Getränke, Tacos und Suppen, Comida Corrida, also einfachen Menüs, Mariscos, das sind die Speisen aus dem Meer, bis zu den Postres, den Nachspeisen, und den Salsas, Chilischoten, die entweder im Mörser oder im Mixer verarbeitet werden, denn „ein Essen ohne Chili ist keines.“ 100 Rezepte könnte sie, so vermerkt Cienfuegos, zu jedem Kapitel auflisten, auf über 80 hat sie sich dann beschränkt und man spürt, wie schwer ihr diese Zurückhaltung gefallen ist.
Zwei Rezepte sollen detailliert vorgestellt werden:
Da wären fürs Erste „Pepinos Rellenos“, also Gurken-Shots und Tacos. Dazu erzählt Rosa Cienfuego zuerst einmal eine Geschichte: „Die Originalversion hiervon steht auf der Getränkekarte von La Ópera Cantina, die vor mehr als 100 Jahren eröffnet wurde und seitdem zahlreiche Gäste aus Politik, Revolutionskreisen, Kunst, Musik… willkommen hieß. Erstaunlich, aber dieser frische Snack entstand mit Pancho Villa, unserem (entweder heiß geliebten oder gehassten) General der mexikanischen Revolution. Er war der erste Mexikaner, der eine Invasion in die USA anführte. Der Legende nach sollen Pancho Villa und andere in La Ópera bei Speis und Trank eine Revolution geplant haben, im noch heute verschnörkelten, handgemachten Mahagoni-Dekor mit Blattgold. Dazu das berühmte Kugelloch in der Decke vom legendären Revolutionär El Centauro del Norte.“

Als Zutaten zu den Pepinos Rellenos gibt Cienfuegos an:
2 große, dicke Gurken, 2 TL Chamoy Salsa (eine Paste aus Aprikosen, Tamarinden, Pflaumen, Hibiskusblüten, Chilischoten und Wasser), 2 TL Tajin-Gewürzpulver (ein Pulver aus Chilischoten, Limetten und Salz) oder Chilipulver. Saft von 2 Limetten, Salz, 4 Shots (á 30 ml) weißer Tequila. Das Rezept lautet folgendermaßen: Die Gurken quer teilen, sodass vier Stücke entstehen. Die runden Enden kappen, sodass alle Stücke stehen können – sie werden unsere Gläser für die Tequilas! Mit einem langstieligen Löffel die Samen vorsichtig aus den Gurken kratzen. Die Gurken dabei nicht auf der anderen Seite durchstoßen. Den oberen Rand der „Gurkengläser“ in die Chamay-Salsa und anschließend ins Tajin-Gewürzpulver tauchen. Den Limettensaft auf die „Gläser“ verteilen und jeweils eine Prise Salz einstreuen. Den Tequila dazugeben und servieren. Sobald der Tequila ausgetrunken ist, kann das „Glas“ verzehrt werden. (Apropos Tequila, nach einer einschlägigen Verkostung an einem mexikanischen Seeufer habe ich meine Vorbehalte gegen dieses Getränk völlig hintangestellt. Es ist nur so, dass guter Tequila auch seinen Preis hat!)
Im zweiten Rezept geht es um Tacos, die seien ein Geschenk der Götter, meint die Autorin: Mais wird in gelöschtem Kalk getränkt, mit Wasser vermischt und so entsteht der Teig, der ja dann auch als eine Art Besteck verwendet wird. „Ein Taco ist ganz einfach aufgebaut – es gibt den Tortilla-Fladen, dazu Füllung und Toppings. Simpel und doch köstlich, dazu eine fast unendlich variantenreiche Welt der Füllungen.“ Das einschlägige Zitat dazu lautet: „A nadie se le niega un taco – Niemandem sollte ein Taco verwehrt bleiben.“
Zwei Tacos-Varianten von Rosa Cienfuego sind: „Tacos de Picadillo“, also Tacos mit Rinderhackfleisch und Tacos de Ropa vieja. Zuerst die Tacos de Picadillo: Da werden gekochte Tomaten, zwei Knoblauchzehen, eine grob gehackte Zwiebel und Pfeffer mit dem Tomaten-Kochwasser in einem Mixer glatt püriert. Diese Sauce zum gegarten Rinderhackfleisch gießen. Maiskörner, grüne Bohnen, Lorbeerblätter, Karotten und Kartoffeln einrühren. Das Ganze unter gelegentlichem Rühren 10 Minuten kochen, bis die Sauce leicht andickt. Die Lorbeerblätter entsorgen. Etwas Reis auf die angewärmten Tortillas löffeln, mit dem Picadillo-Mix toppen und dazu schrumpelige Jalapenos (Chilischoten) servieren.
Die zweite Taco-Variante heißt „Tacos de Ropa Vieja“, also Lumpen-Tacos. Auch dazu weiß Rosa Cienfuegos eine Geschichte: Es wird von einem armen Mann erzählt, der nicht genug Geld hatte, um Essen für seine Familie zu besorgen. Verzweifelt verkaufte er seine alte Kleidung, um die Zutaten erstehen zu können und die sind: Steaks aus der Rinderrippe, Zwiebel, Lorbeerblätter, Salz, Knoblauchzehen, Olivenöl, grüne, gelbe und rote Paprikaschoten in Streifen geschnitten, Flaschentomaten grob gehackt, passierte Tomaten, Chilischoten, Oregano, Kreuzkümmel, Pfeffer, Paprikapulver und Weißwein. Und so werden diese Lumpen-Tacos zubereitet: Das Steak mit Zwiebel und Lorbeerblättern eine Stunde köcheln lassen bis es zart ist, dann fein zerzupfen. Die Zwiebel wird mit Paprikaschoten und Knoblauch angeschwitzt, die Tomaten werden mit den Gewürzen, dem Wein und dem Kochsud des Steaks im Mixer püriert, in einer Pfanne gegart. Andunkeln lassen, das zerzupfte Steak untermischen, dann noch etwa 20 Minuten garen, bis es andickt. Die Steakfüllung auf die angewärmten Tortillas häufen, darauf etwas Reis und Salsa setzen und gemeinsam servieren.

Am Ende des Buchs gibt Rosa Cienfuegos noch Tipps, wo man in Mexiko City gut essen kann. Wie schon zu Beginn erwähnt, ist dieses Buch äußerst farbenfroh gestaltet, Fotos der Stadt illustrieren den Band und natürlich ist jedes Rezept auch abgebildet. Somit bleibt nur: „Provecho“, also Guten Appetit zu wünschen!
Rosa Cienfuegos: Mexico City. Das Kochbuch. Prestel Verlag, München 2025.
6.8.2025. Abbildungen: Prestel Verlag.