WIEDERGELESEN: THE GREAT GATSBY

1925, also vor hundert Jahren, brachte der amerikanische Autor F. Scott Fitzgerald seinen Roman „The Great Gatsby“ heraus. Dem Buch, das heute als eines der bedeutendsten englischsprachigen Werke des 20. Jahrhunderts gilt, war anfänglich nur geringer Erfolg beschieden. Es sollte etliche Jahre dauern, bis eine breitere Leserschaft darauf aufmerksam wurde und der Roman zum internationalen Best- und Longseller avancierte.

Die Geschichte spielt in den „Roaring Twenties“ auf Long Island und in New York. Titelheld ist ein junger Mann aus bescheidenen Verhältnissen, Jay Gatsby, der sich in Daisy, ein Mädchen aus den „besten Kreisen“, verliebt. Als diese einen anderen heiratet, versucht er sie zurückzuerobern, macht mit undurchsichtigen Geschäften ein immenses Vermögen und siedelt sich in Daisys Nähe an. Sein protziges Haus wird zum Schauplatz luxuriöser Festivitäten. Erzählt wird die Geschichte von Daisys Cousin Nick, der Gatsbys Nachbar ist. Nick ist dabei, als Daisy und Gatsby einander nach fünfjähriger Trennung wieder sehen, er erlebt den kurzen Höhepunkt und das jähe Ende dieses zu lange hinausgeschobenen Traums mit.

Jede Leserin, jeder Leser, die oder der diesen zeitlos schönen und eleganten Roman zum ersten Mal liest, ist zu beneiden. Jeder Leserin, jedem Leser, der oder die den Roman schon kennt, ist – schon allein in Anbetracht des Jubiläums – unbedingt anzuraten, ihn wieder zu lesen. Wie Fitzgerald die Feste im Hause Gatsbys schildert, da kommen alle jene, die versuchen, diese „Roaring Twenties“ heutzutage wieder aufzuwärmen, einfach nicht mit. Der Autor überbietet sich in der Beschreibung von Menschen und Musik, Getränken und Autos, Gesprächen und Stimmungen – allein, wie er Licht zu den verschiedensten Tages- und Nachtzeiten einfängt, Kleidung an Frauen und Männern bemerkt, lässt einen sprachlos zurück.

Apropos sprachlos. Dieses hundert Jahre alte englische Sprachkunstwerk führt immer wieder zu Versuchen, seine Eleganz und Ironie in die deutsche Sprache zu übertragen. Unter den vielen Übersetzungen, die auch des Jubiläums wegen verfügbar sind, hilft eine englisch-deutsche zweisprachige Ausgabe da noch am ehesten weiter. Interessant ist die Übertragung durch die österreichische Schriftstellerin Maria Lazar (1895-1948. Die Theaterstücke Lazars erleben ja zur Zeit im gesamten deutschen Sprachraum eine Renaissance). Es war die erste deutschsprachige Fassung des Romans und ist 1928, also relativ bald nach dem Erscheinen des amerikanischen Originals herausgekommen. Bei allem Pomp und bei allem Luxus liegt unter dem Roman doch ein pessimistisches Weltbild, unser fortwährendes Streben nach einer schöneren Zukunft stellt sich für F. Scott Fitzgerald als Illusion heraus. Maria Lazar übersetzte den Schlusssatz: „So we beat on, boats against the current, borne back ceaselessly into the past“ mit: „So legen wir uns in die Riemen, Boote gegen den Strom, und treiben doch stetig zurück, der Vergangenheit zu.“

Und noch etwas besticht bei dieser Ausgabe mit der Übersetzung durch Lazar: Der Band ist mit dem Cover der amerikanischen Erstausgabe versehen. Der spanische Maler Francis Cugat (1893-1981) schuf 1924 das Gemälde „Celestial Eyes“, also „Himmlische Augen“. Es stellt ein weibliches Gesicht über einem nächtlichen Stadthimmel dar. Als Inspirationsquelle hatte er nichts anderes als ein unvollständiges Manuskript des Romans. Fitzgerald soll zum Herausgeber, der schon ein anderes Cover vorgesehen gehabt hatte, gesagt haben: „Um Himmels willen, gib niemandem anderen dieses Cover, ich habe es in das Buch hineingeschrieben.“ Cugat soll für das Bild 100 US-Dollar erhalten haben, eine Erstausgabe von „The Great Gatsby“ wechselte 2014 bei Sotheby´s für 377.000 US-Dollar den Besitzer.

F. Scott Fitzgerald: Der große Gatsby. Übersetzt von Maria Lazar, Kampa Verlag, Zürich 2025.

9.5.2025

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