ALFONS MUCHA IN PRAG

Alfons Mucha, Plakat (Detail), 1898

Seine Werke sind weltberühmt und gelten als Inbegriff des Jugendstils, weniger bekannt hingegen ist, dass Alfons Mucha, dessen Arbeiten prototypisch für die französische Kunst um 1900, für die Art nouveau, stehen, ein überzeugter Tscheche war. Im Prager „Obecní dům“, einem opulenten und teilweise von Mucha mitgestalteten Jugendstil-Bau, ist derzeit eine große Mucha-Ausstellung zu sehen, die mit zahlreichen Highlights und auch mit einigen Kuriositäten aufwarten kann.

Alfons Mucha, Werbeplakat für die Firma Nestlé, 1897

Geboren wurde Alfons Mucha 1860 in Ivančice in der Nähe von Brünn. Seine künstlerische Laufbahn begann er als Bühnenmaler in Wien, wo er vor allem für das Ringtheater tätig war. 1885 nahm Mucha ein Studium an der Akademie der bildenden Künste in München auf, 1887 übersiedelte er nach Paris, wo er seine Ausbildung an der Académie Julian fortsetzte.

Berühmt wurde Alfons Mucha vor allem als Plakatkünstler, wobei seine Karriere mit einem glücklichen Zufall begann: Es war 1894, als Mucha aushilfsweise in der renommierten Pariser Druckerei Lemercier tätig war. Als die Bestellung neuer Plakate für die Aufführungen von Victorien Sardous Drama „Gismonda“, in dem Sarah Bernhardt die Hauptrolle spielte, hereinkam, soll gerade niemand außer Mucha dafür Zeit gehabt haben. Obwohl Mucha bis dahin vornehmlich als Buchillustrator tätig gewesen war, übernahm er den Auftrag – und schuf eine stilprägende Affiche.

Alfons Mucha, Plakate, von links nach rechts: 1896, 1899, 1908, 1894

Sarah Bernhardt, damals ein Weltstar, war davon so begeistert, dass sie mit Mucha einen Vertrag abschloss. In den folgenden Jahren gestaltete Mucha die Plakate für eine Reihe von weiteren Produktionen, an denen die Schauspielerin mitwirkte, und er lieferte auch Entwürfe für Bernhardts Bühnenkostüme. Zwischen 1904 und 1910 war Alfons Mucha mehrmals sehr erfolgreich in den USA tätig. Auch dort lag der Ursprung für seine große Popularität in den Entwürfen, die er für Sarah Bernhardt geschaffen hatte und die von der Künstlerin auch bei deren Amerika-Gastspielen verwendet wurden.

Neben zahlreichen Plakaten für Theater und Ausstellungen schuf Alfons Mucha auch viele Affichen im Bereich der Wirtschaftswerbung. Insgesamt umfasst der Katalog seiner grafischen Schaffens nicht weniger als 525 Arbeiten.

Alfons Mucha, Werbeplakate für Schokolade und Bier (beide um 1897)

Alfons Mucha war auch ein versierter Maler. Als sein Hauptwerk gilt das „Slawische Epos“ – „Slovanská epopej“ –, ein zwanzigteiliger Gemäldezyklus, der eine Art Apotheose des Slawentums darstellt. 1910, als er in seine Heimat zurückkehrte und sich in Prag niederließ, begann Mucha mit der Arbeit an diesem dem tschechischen Volk gewidmeten Monumentalwerk, das er dann nach der Fertigstellung, 1928, der Stadt Prag schenkte.

Mucha, der ein überzeugter Panslawist und engagierter Freimauer war, wurde 1939, im Zuge der Okkupation der Tschechoslowakei durch das nationalsozialistische Deutschland, als eine der ersten Persönlichkeiten in Prag von der Gestapo verhaftet. Zwar wurde er nach Verhören wieder entlassen, war aber gesundheitlich bereits so schwach, dass er am 14. Juli 1939 verstarb.

Vor allem Alfons Muchas grafische Arbeiten hatten und haben eine jahrzehntelange Ausstrahlung bis in die Gegenwart. Direkte Übernahmen seines Zeichenstils sind etwa in den psychedelischen Konzertplakaten der amerikanischen West Coast der 1960iger Jahre deutlich zu sehen, aber auch zeitgenössische japanische Mangas zeigen Muchas Einflüsse. Eine der bedeutendsten Sammlungen an Mucha-Plakaten geht auf einen anderen international erfolgreichen Tschechen zurück – nämlich auf Ivan Lendl. Die umfangreiche Kollektion, die der ehemalige Tennisprofi seit den 1980er Jahren aufgebaut und 2013 an eine Prager Kunststiftung übergeben hat, umfasst zahlreiche Raritäten und etliche Einzelstücke.

Alfons Mucha, Edelstein-Serie, 1900. Von links nach rechts: Rubin, Amethyst, Smaragd, Topas

Derzeit sind 116 Plakate aus Lendls Mucha-Sammlung – sowie mehr als einhundert weitere Werke, darunter Grafisches ebenso wie Gemälde, Fotos und Skizzen – in der Ausstellung „iMucha“ im Prager „Obecní dům“ zu sehen. „iMucha“ heißt die Schau deshalb, weil einiges auch in digitalisierter und animierter Form präsentiert wird. Manches funktioniert dabei sehr gut als visuelle Ergänzung zur Werkgeschichte – so etwa, wenn durch Fingerwisch aus dem „Gismonda“-Plakat des Jahres 1894 die Affiche für Sarah Bernhardts Amerika-Tournee des Jahres 1904 wird. Teilweise allerdings bringt das Spiel mit den technischen Möglichkeiten die Kunst gefährlich nahe an den Kitsch – wie etwa bei der 1900 entstandenen Edelstein-Serie, bei der einem die Rubin-Dame auf Mausklick zuzwinkert, Amethyst Küsschen spendet, und während die Smaragd-Schönheit mit der Schlange und einer Raubkatze droht, bringt der Klick Madame Topas nur zum Gähnen.

Vollends kurios wird es in der Ausstellung dann, wenn Mucha selbst zu Wort kommt: Aus seinem 1899 gemalten Selbstporträt heraus spricht er nicht nur tschechisch – mit der Stimme des Schauspielers Jiří Dvořák –, sondern auch englisch – mit jener des James Bond-Darstellers Pierce Brosnan. Doch man sollte all dies mit Humor nehmen – und sich an der insgesamt in ihrer Fülle beeindruckenden Ausstellung freuen.

Die Ausstellung „iMucha“ ist im Prager Obecní dům, Náměstí Republiky 5, Praha 1, zu sehen. Besuchenswert ist auch das Prager Mucha-Museum, Panská 7, Praha 1.

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