In humorvoller und oft auch ironischer Weise beschreibt der tschechische Schriftsteller Karel Čapek (1890-1938) in seinem Buch „Das Jahr des Gärtners“ (im Original „Zahradníkův rok“) die vielfältigen Tätigkeiten, die passionierte Hobby-Gärtner auf sich nehmen, um es rundum entsprechend blühen und grünen zu lassen. Das Werk, für das Karel Čapeks Bruder Josef Čapek (1887-1945) die Illustrationen schuf, erschien erstmals 1929, wurde bald in zahlreiche Sprachen übersetzt und wird bis heute immer wieder neu aufgelegt. Die Kapitelgliederung folgt dem Jahreslauf – von mühsamen und für alle Nicht-Gärtner absurd-komisch wirkenden Bemühungen, den frostharten Januar-Boden zu bearbeiten, über die Grasmäh-Pflichten im Juni und die Tücken der Bewässerung im Juli bis zum ausufernden Studium von Gartenkatalogen im Dezember.
Auch im November gibt es natürlich vieles zu tun. Als Beispiel ein paar Ausschnitte aus dem entsprechenden Kapitel:
Ich weiß, dass es viele schöne Berufe gibt, so etwa für Zeitungen zu schreiben, im Parlament an Abstimmungen teilzunehmen, in einem Vorstand zu sitzen oder behördliche Akten zu unterschreiben; doch auch wenn all dies schön und verdienstvoll ist, macht man dabei nicht die Figur und hat auch nicht eine derart monumentale, plastische und geradezu skulpturale Haltung wie ein Mann mit einem Spaten. Wenn einer so in seinem Blumenbeet steht, mit einem Fuß auf dem Spaten, sich mit einem „Uff“ den Schweiß abwischt, sieht er geradewegs wie eine allegorische Statue aus; es würde genügen, ihn vorsichtig samt den Wurzeln auszugraben und ihn auf einen Sockel mit der Aufschrift „Triumph der Arbeit“ oder „Herr der Erde“ oder so ähnlich zu stellen. Ich sage dies, weil jetzt dafür die richtige Zeit ist, nämlich fürs Umgraben.
Ja, im November sollte das Erdreich gewendet und gelockert werden; es mit einem vollen Spaten zu schaufeln, ist ein so köstliches und genussvolles Gefühl, als ob man einen Schöpflöffel, einen Löffel voll mit Essen nehmen würde. Gute Erde darf, so wie gutes Essen, weder zu fett noch zu schwer sein, weder zu kalt noch zu nass oder zu trocken, weder klebrig noch hart, weder krümelig noch roh; sie sollte wie Brot sein, wie Lebkuchen, wie Buchteln, wie Hefeteig […].
Noch ein Weilchen und wir werden unserem Garten einen letzten Dienst erweisen; noch lassen wir etwas vom Herbstfrost vorbeigehen, und dann betten wir ihn in grünes Reisig; wir biegen die Rosen nach unten und stecken sie bis zum Hals in die Erde, wir legen duftende Fichtenzweige darauf, und gute Nacht. Üblicherweise bedeckt man mit dem Reisig auch allerlei anderes, zum Beispiel ein Taschenmesser oder eine Pfeife; im Frühjahr, wenn man das Reisig entfernt, gibt es mit all dem ein Wiedersehen. […]
Aber auch Ihr, die Ihr kein derartiges Beet eigener Erde im Universum zu bewirtschaften habt, könnt im Herbst der Natur huldigen, und zwar indem Ihr Hyazinthen- und Tulpenzwiebeln in Blumentöpfe pflanzt, damit sie während des Winters entweder erfrieren oder blühen. Das macht man so: Ihr kauft die entsprechenden Zwiebeln und beim nächsten Gärtner einen Sack guter Blumenerde; dann sucht Ihr im Keller und auf dem Dachboden nach allen alten Blumentöpfen und setzt in jeden eine Blumenzwiebel. Zum Schluss werdet Ihr entdecken, dass Ihr noch ein paar Zwiebeln habt, aber keine Töpfe. Daher kauft Ihr Blumentöpfe, um dann festzustellen, dass Ihr zwar keine Blumenzwiebeln mehr habt, aber noch Töpfe und Erde übrig sind. Also kauft Ihr noch ein paar Zwiebeln, aber weil dann die Erde nicht ausreicht, besorgt Ihr einen neuen Sack davon. Dann bleibt wieder Erde übrig, die Ihr natürlich nicht wegwerfen wollt, sondern lieber wieder ein paar Blumentöpfe und Blumenzwiebeln kauft. Auf diese Weise macht Ihr weiter, bis man es Euch zuhause verbietet. Dann füllt Ihr mit all dem die Fensterbänke, Tische, Schränke, die Speisekammer, den Keller und den Dachboden und seht voll Zuversicht dem kommenden Winter entgegen.
Aus: Karel Čapek, Zahradníkův rok (Das Jahr des Gärtners), erschienen 1929. Übersetzung aus dem Tschechischen: Barbara Denscher
9.11.2024