SEHENSWERT: DAS STADTTHEATER GREIN

Stadttheater Grein. Der Bühnenvorhang stammt aus dem Jahr 1928 und zeigt Grein Ende des 18. Jahrhunderts (Foto: B. Denscher)
Stadttheater Grein. Der Bühnenvorhang stammt aus dem Jahr 1928 und zeigt Grein Ende des 18. Jahrhunderts (Foto: B. Denscher)

Das Stadttheater in Grein an der Donau ist das älteste erhaltene, regelmäßig bespielte Bürgertheater Österreichs. Von Beginn an war es – im Gegensatz zu Privatbühnen und Schlosstheatern – der Allgemeinheit zugänglich, und es zeichnet sich durch einige Raritäten und Kuriositäten aus. So etwa findet sich da eine theaterhistorische Besonderheit, nämlich „Sperrsitze“. Es sind jene Stühle in den vorderen Reihen des Zuschauerraumes, bei denen die Sitzfläche hochgeklappt und über ein kleines Schloss an die Rückenlehne gesperrt werden konnten.

Stadttheater Grein: Sperrsitze mit Schloss in der Rückenlehne (Foto: Wikimedia Commons / Klaus Maria Gabriel)
Stadttheater Grein: Sperrsitze mit Schloss in der Rückenlehne (Foto: Wikimedia Commons / Klaus Maria Gabriel)

Damit wurden die Sperrsitze zu einer Art von Abonnement: Man bezahlte einen Betrag für eine gewisse Abo-Dauer und erhielt dafür jenen Schlüssel, der den jeweiligen Sperrsitz benutzbar machte.

Die Schlüssel zu den Sperrsitzen sind in einem – ebenfalls versperrbaren – Kästchen untergebracht (Dieses und alle weiteren Fotos im Beitrag: B. Denscher)
Die Schlüssel zu den Sperrsitzen sind in einem – ebenfalls versperrbaren – Kästchen untergebracht (Dieses und alle weiteren Fotos im Beitrag: B. Denscher)

Das Theater befindet sich am Stadtplatz von Grein an der Donau, im ehemaligen, 1563 erbauten Rathaus. Die oberösterreichische Stadt war damals sehr wohlhabend, da sie als Umschlagplatz für den Warenhandel auf der Donau fungierte. Für diesen wurde auch ein Getreidespeicher benötigt, der an das Rathaus angebaut wurde. Als er dann später, mit der Veränderung von Transport- und Lagerbedingungen, nicht mehr genutzt wurde, konnte dort 1791 das Theater einziehen.

Das alte Rathaus von Grein an der Donau. Die Abbildung im Gibelbereich zeigt das alte Greiner „Marktwappen“ aus dem Jahr 1468
Das alte Rathaus von Grein an der Donau. Die Abbildung im Gibelbereich zeigt das alte Greiner Marktwappen aus dem Jahr 1468

Die Gründung des Greiner Stadttheaters steht historisch in Zusammenhang mit den Sozialreformen unter Kaiser Joseph II. Denn zu Ende des 18. Jahrhunderts wurde die Armenfürsorge, die zuvor im Wesentlichen eine kirchliche und privat-karitative Angelegenheit gewesen war, dem Staat und den Gemeinden übertragen. Zur Aufbringung der entsprechenden finanziellen Mitteln konnten auch Einnahmen aus Theateraufführungen verwendet werden. Damit änderte sich das Image der bis dahin oftmals nicht allzu geschätzten Schauspieltruppen und Laienbühnen, denn ihre Theaterleidenschaft spielte nun auch den Stadtkassen einiges ein.

Auch in andern Städten wurden Stadttheater eröffnet, und wie in Grein wurden dafür häufig bereits vorhandene Gebäude genutzt. Oft waren es Kirchen, die im Zuge der josephinischen Reformen säkularisiert worden waren – so etwa im oberösterreichischen Steyr, wo die Kirche des aufgehobenen Cölestinerinnenklosters zum Stadttheater umgebaut wurde, oder im niederösterreichischen Krems, wo ab dem frühen 19. Jahrhundert in der ehemaligen Dominikanerkirche Theater gespielt wurde. So manche baulichen Adaptionen waren dabei nötig, wie etwa im Stadttheater Grein der erkerartige Anbau eines „Plumpsklos“. Dieses war nur durch einen Vorhang (oder früher vermutlich durch eine einfache Holztür) vom Zuschauerraum getrennt – und bot immerhin Sicht auf die Bühne…

Das „Plumpsklo“, nur durch einen Vorhang vom Theaterraum getrennt
Das „Plumpsklo“, nur durch einen Vorhang vom Theaterraum getrennt

Direkt dem Theater angebaut und ebenfalls mit Sicht auf die Bühne war auch das Gemeindegefängnis, in dem heutzutage der Theaterfundus untergebracht ist.

Blick in den Theaterfundus

Bespielt wurde das Stadttheater Grein zu Beginn vor allem von der lokalen „Dilettantengesellschaft“, die eine sehr engagierte Truppe von Laiendarsteller*innen war. Auf dem Programm standen bevorzugt Komödien – so wie jene, die auf dem ältesten in Grein erhaltenen Theaterzettel angekündigt ist: „Der Trauerschmaus oder Der Bäckermeister Kasperl“, aufgeführt am 13. Jänner 1793 auf dem „bürgerl. Theater der Stadt Grein Zum Behuf der Armen“.

Theaterzettel

Der Autor des Stückes war Karl Friedrich Hensler, ein damals sehr erfolgreicher Dramatiker und Theaterdirektor, der u.a. in Wien das „Leopoldstädter Theater“ und später das „Theater an der Wien“ und das „Theater in der Josefstadt“ leitete. Die Wahl seines Stückes zeigt, dass man sich in Grein am aktuellen Theaterrepertoire orientierte. Und so standen in der Folgezeit unter anderem Werke von August von Kotzebue, Adolf Bäuerle und Johann Nestroy auf dem Spielplan.

Neben den Produktionen der Laientruppe gab es im Greiner Stadttheater von Beginn an und zunehmend im 19. und frühen 20. Jahrhundert auch Gastspiele, außerdem stand (und steht) die Bühne auch für Konzerte, Lesungen und andere Veranstaltungen zur Verfügung. Für besonderes Aufsehen sorgte es in der Stadt, als im September 1927 ein amerikanisches Filmteam unter der Leitung des renommierten Regisseurs und Produzenten James A. FitzPatrick nach Grein kam. Im Stadttheater wurden einige Szenen für einen Film über Franz Schubert gedreht, der 1928 in FitzPatricks „Famous Music Master Series“ herauskam. Über die Dreharbeiten berichtete das „Linzer Volksblatt“ (9.9.1927):

„Alles war in die Biedermeierzeit versetzt. Das Ex-Biedermeier-Theaterpublikum war von Greiner Damen und Herren dargestellt, denen es große Freude bereitete, in die von der Filmgesellschaft beigestellten Biedermeier-Kostüme zu schlüpfen. Auch die Greiner Musikkapelle hatte Biedermeiertracht angelegt. Die Aufnahmen wurden vom Regisseur Fitz Patrick und seinem Assistenten Herrn Pebal peinlichst genau geleitet. Manche Szenen mußten oftmals wiederholt werden, um dem Ganzen die richtige Note zu verleihen. Von 1 Uhr mittags bis nach 12 Uhr mitternachts dauerten die Aufnahmen. Das alte Stadttheater war aus seiner Ruhe und Stille gekommen. Scheinwerfer warfen ihre grellen Lichter auf Kulissen und Zuschauerraum, lange Kabelstränge durchzogen die Räume. Moderner Zeitgeist im alten Theater.“

Wenn im Zeitungsartikel von „Ruhe und Stille“ im alten Stadttheater die Rede ist, so entsprach dies auch der Entwicklung der Bühne in der Zwischen- und Nachkriegszeit. Das Interesse an den Aufführungen nahm ab – auch, weil die Konkurrenz des Kinos zu groß war. Dies dämpfte zunehmend das Engagement der Laiendarsteller*innen und 1956 wurde der Theaterverein aufgelöst. Das Theater aber blieb – trotz wiederholter Umbaupläne – bestehen, wird mittlerweile wieder intensiv genutzt und ist seit 1964 Bühne der „Greiner Sommerspiele“.

Eingangsschild zum Theater

Website der „Greiner Sommerspiele“  und Website des Stadttheaters Grein.

8.6.2025

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